Interview mit
einem Rockdinosaurier: Gemeinsam mit dem langjährigen Hitsänger der HOLLIES,
ALLAN CLARKE, stellten sich ET CETERA dem ZDF.online
Interview, um über ihre Version von "Long Cool Woman", „He Ain’t Heavy, He’s
My Brother“ und weitere Aktivitäten zu sprechen.
Seit einigen
Jahren sind Belle de Wein und Ulli E. mit ihrem Projekt "ET CETERA" bekannt
für ihre eigenständigen Neuaufnahmen englischsprachiger Hits und deren
deutscher Versionen. Nun haben sie sich mit einem Dinosaurier des Rock 'n'Roll
zusammengetan. Gemeinsam mit dem langjährigen Sänger der "HOLLIES" haben sie
den alten Nummer-1-Hit "Long Cool Woman" wieder aufgenommen. Wer einmal
ALLAN CLARKEs Gitarre im Ohr hatte, wird sie so schnell nicht wieder los.
"Ich friste kein
Rentnerdasein"
ZDF.online:
Allan Clarke, Sie tourten zuletzt 1993 mit den Hollies durch
Deutschland. Waren sie denn in der Zwischenzeit mal für einen Urlaub hier?
Allan Clarke:
Nein, seitdem war ich leider nicht mehr in Deutschland, obwohl ich mit
der Band immer gerne hier aufgetreten bin. Aber es ist ein alter Traum von
mir, mit meiner Frau den Rhein hinunterzufahren und mir alle Burgen
anzusehen. Und zu Berlin habe ich ein ganz besonderes Verhältnis, eine
wundervolle Stadt, mit der ich viele schöne Erinnerungen verbinde. Ich mag
Deutschland, aber noch mehr mag ich Sonnenschein.
ZDF.online:
Leben Sie denn in der Sonne?
Allan Clarke:
Nicht wirklich. Meist verbringe ich meine Zeit zu Hause in meinem 500
Jahre alten Haus in der Nähe von Northampton, kümmere mich um meinen Garten
und unternehme etwas mit meiner Familie.
ZDF.online:
Also kein Leben als Rockstar mit Privatinsel in der Karibik, Appartment
in New York und unzähligen Partys?
Allan Clarke:
Früher habe ich so gelebt - aber heute verbringe ich einfach Zeit mit
der Familie, genieße den Frieden und die Ungestörtheit.
ZDF.online:
Und nun haben Sie den Ruhestand verlassen, um ein neues Projekt
anzugehen?
Allan Clarke:
Ich war ja nicht wirklich im Ruhestand. Leider habe ich mich damals
etwas unglücklich ausgedrückt, als ich sagte, ich würde bei den Hollies in
den Ruhestand gehen. Da dachten auf einmal alle Leute, ich würde mich vom
aktiven Leben zurückziehen und nur noch ein Rentnerdasein fristen. In
Wirklichkeit habe ich nur die Hollies verlassen, um auch mal andere Sachen
machen zu können. Und als nun Ulli kam und mir vorschlug, eine neue Version
von "Long Cool Woman" aufzunehmen, war ich natürlich sofort begeistert. Als
ich dann sein erstes Demotape hörte, wollte ich unbedingt dabei sein und
fragte ihn, ob ich den Gitarrenpart spielen dürfte - und er sagte sofort ja.
Besonders gefällt mir dabei, dass ich nun auch ein Teil der Musik des 21.
Jahrhunderts bin, genau wie ich zuvor Musik des 20. Jahrhunderts gemacht
habe.
"ET CETERA
macht keine lieblosen Coverversionen"
ZDF.online:
Ulli, wie bist Du denn auf die Idee gekommen für das Projekt ET CETERA,
"Long Cool Woman" neu aufzunehmen?
Ulli: Ich
arbeite seit über zehn Jahren mit den Hollies (und dadurch natürlich auch
mit ALLAN CLARKE) und habe mit ihnen die CDs „The Coconut Collection And
More“, eine Interview-CD mit der Hollies-Historie sowie das Vinyl-Album „Up
Front 1991“ veröffentlicht. Um ehrlich zu sein, habe wir ich mich im Oktober
1999 bezüglich der Neu-Aufnahme von „Long Cool Woman“ auch zunächst an die
Hollies gewandt, obwohl damals bereits feststand, dass Allan die Gruppe nach
der England-Tour verlassen wird. Zwar hat die Realisierung der Aufnahme mit
den Hollies aus Zeitgründen nicht geklappt, aber als Allan als Autor des
Stücks „frei“ war, war er dann sofort begeistert und hatte auch die Zeit,
einen aktiven Part zu übernehmen.
ZDF.online:
Und Ihr habt dann gemeinsam mit 69 verschiedenen Versionen des Stücks
gleich einen neuen Rekord aufgestellt ...
Ulli: Ja,
das dürfte einsamer Rekord sein (leider). Dabei war diese Vielzahl gar nicht
geplant, sondern hat sich durch verschiedene Trends und Einflüsse ganz
einfach ergeben. Davon haben wir jetzt erst mal 10 verschiedene Mixe und
Remixe ausgewählt und veröffentlicht. Dabei auch eine ganz separate
CD-Single mit völlig neu kreierter spezieller Club- und Chill-Out-Musik, wie
sie auf Ibiza und in den New Yorker Clubs läuft. Wir wollten der
Öffentlichkeit einfach mal zeigen, was man mit einem solchen Song alles
anstellen und welches Spektrum man damit abdecken kann. Außerdem gibt es
natürlich auch eine deutsche Version, deren Veröffentlichung ich als
Copyright-Owner aber zu einem späteren Zeitpunkt plane.
ZDF.online:
Was denkt ihr denn generell über Coverversionen älterer Songs?
Allan Clarke:
Manche Leute kennen natürlich noch das Original, aber viele Songs
geraten auch in Vergessenheit. Wenn dann jemand mit frischen, unverbrauchten
Ideen an ein Lied herangeht und es damit einer neuen, jungen Generation
zugänglich macht, finde ich das gut. Ein guter Song darf und kann einfach
nicht in Vergessenheit geraten.
Ulli: Es
kommt darauf an, welches Ziel man verfolgt. Was ich schrecklich finde, ist,
wenn da einer hingeht und einfach lieblos ein paar Beats untermischt, weil
er keine Ideen hat, selber ein neues Stück zu schreiben. Man muss einen Song
lieben und überzeugt davon sein. ET CETERA macht nur Titel, die bereits
veröffentlicht wurden. Aber wir wählen sehr genau aus und nehmen uns viel
Zeit, um eine entsprechende Qualität abzuliefern. Für "Long Cool Woman" zum
Beispiel haben wir fast ein Jahr gebraucht. Na ja - und wenn es mich
überkommt, texte ich halt noch eine spezielle deutsche Version, sowie bei
„Long Cool Woman“ (Mehr als (D)eine Frau), „Believe“ (Was glaubst Du
eigentlich, wer Du bist) und „L’été Indien“ (Weihnachtstraum).
ZDF.online:
Was kommt nach „Long Cool Woman“?
Ulli: Im
Frühjahr 2001 veröffentlichen wir mit “He Ain’t Heavy, He’s My Brother” eine
Neu-Aufnahme des wohl größten Hits der Hollies. Allan brilliert dabei mit
seiner markanten Blues-Mundharmonika - und spielt auch wieder Gitarre.
Natürlich gibt es wieder zwei verschiedene CD-Singles, eine mit updateten
eher traditionellen Aufnahmen - und als Überraschung eine mit trendigen
Clubsounds.
ZDF.online:
Man wirft ET CETERA gerne vor, eine Synthie-Band mit Playbacks zu sein.
Ulli: Das
war auch eine Zeitlang richtig so. Nur: unser Publikum erwartet von
uns genau die Sounds, die es von den Platten kennt - ohne wenn und aber. Das
ist natürlich fast nur mit Playbacks realisierbar. Und als Projekt können
wir unmöglich das gesamte Equipment aus drei Studios sowie die ganzen
Techniker und Keyboarder auf die Bühne stellen. Während sich bei anderen
aktuellem Acts kaum jemand darüber aufregt, versuchte man bei uns immer,
wieder die Klappe aufzureissen, weil wir kein wirklicher Live-Act waren.
Seit Sommer 2000 hat sich einiges grundlegend geändert: Und das wir mit
ausgerechnet „He Ain’t Heavy - He’s My Brother“ live performen können, hat
viele Kritiker doch eines besseren belehrt. Dieser Song zählt nämlich zu
denen, an denen sich die meisten die Zähne ausbeissen, ob des
Schwierigkeitsgrades der Melodie als auch der Umsetzung des aussagekräftigen
Textes.
ZDF.online:
Wie sieht das konkret aus?
Belle: So
wie Allan Clarke bei diesem Song immer die stimmliche Unterstützung der
Hollies Alan Coates und Tony Hicks hatte, setzt nun Ulli seine Kopfstimme
ein, ist aber bei den tiefen Passagen auf dem Punkt wieder unten mit seiner
tiefen Stimme.
ZDF.online:
Seid ihr auch im Internet vertreten?
Ulli:
Klar, wir haben eine eigene Homepage: www.et-cetera.de. Ich selbst arbeite
seit Jahren als Autor an verschiedenen Internetsites mit und bin Redakteur
und Fotograf bei einem deutschen und einem internationalen
Musik-Fachmagazin.. Deshalb nutze ich das Internet natürlich für Recherchen,
E-Mail und vieles mehr.
Allan Clarke:
Ich habe zwar noch keine eigene Website, aber ich bin dabei, eine zu
erstellen. Vor etwa vier Jahren habe ich festgestellt, dass da eine neue
Technologie im Kommen ist und dass ich hoffnungslos abgehängt werde, wenn
ich da nicht mitmache. Also habe ich mir einen Computer gekauft und bin
seitdem „online“.
ZDF.online:
Und die Kinder und Enkelkinder zeigen Ihnen die besten Seiten?
Allan
Clarke: Nein, ich zeig sie ihnen.
Interview:
Oliver Klös |